«Beim Chronic Care Management steht und wirkt der Mensch im Zentrum»
Chronische Krankheiten wie Diabetes nehmen auch in der Schweiz stetig zu. Wie lässt sich die persönliche und lückenlose Betreuung der vielen Behandelten sicherstellen? Chronic Care Management (CCM) liefert die Antwort – und verändert gleichzeitig die Art, wie Ärzte und MPA zusammenarbeiten. In unserem Porträt des Berner Praxisteams erfahren Sie auch, was Broccoli damit zu tun hat.
«Alterszucker» heisst sie im Volksmund. Doch hinter dem harmlosen Namen für Typ-2-Diabetes versteckt sich eine heimtückische Krankheit. Allein in der Schweiz ist fast eine halbe Million Menschen davon betroffen. «Chronische Leiden wie Diabetes oder zu hoher Blutdruck sind weltweit auf dem Vormarsch», sagt Dr. med. Marc Jungi von der Sanacare Gruppenpraxis Bern. «Um dagegen eine Chance zu haben – und die Betroffenen nach wie vor professionell betreuen zu können – braucht das Gesundheitssystem einen interprofessionellen Ansatz.» Chronic Care Management (CCM) ist ein solcher Ansatz und Sanacare zählt in der Schweiz zu den Pionieren auf diesem Gebiet. 2018 gewann die Gruppenpraxis dafür sogar den SAQM-Preis «Innovation Qualité» in der Kategorie «Patientenversorgung neu gedacht».
Zusammenarbeit im Alltag: «Adé Herr Doktor, hallo Marc»
«Beim Chronic Care Management gibt es ein Behandlungsteam, das die Patientinnen und Patienten miteinschliesst», sagt Jungi. «Sie werden von ihrem Hausarzt und ihrer Coachin dazu befähigt.» Coachin ist in diesem Fall die Rolle von Nicole Abbühl, die nach ihrer Ausbildung zur Praxiskoordinatorin täglich an Diabetes und Bluthochdruck erkrankte Menschen betreut. Und die Rolle der Behandelten? «Absolut zentral», so Jungi. Denn in einem CCM-Behandlungszyklus, der ein Jahr dauert, werden z. B. Diabetikerinnen und Diabetiker darüber aufgeklärt, wie sie mit einem angepassten Lebensstil günstig auf ihren Krankheitsverlauf einwirken bzw. ihre Symptome mildern können. Und gemeinsam mit Coachin und Hausarzt setzen sie sich jährlich Ziele, die sie erreichen möchten. Etwa zwei Drittel der Behandlungszeit entfällt auf erfahrene Coachinnen wie Nicole Abbühl. Dank digitalem Nachrichten-System bleiben bei Sanacare die involvierten Gesundheitsfachpersonen stets auf dem Laufenden, wie es den Behandelten geht und welche Therapien sowie Medikamente neu verordnet wurden. «Wir pflegen dabei eine Du-Kultur, und ich hinterfrage Marc ebenso wie er mich», sagt Abbühl. Also keine Spur von «Halbgöttern in Weiss», wie Ärzte manchmal auch scherzhaft genannt werden.
Die enge Zusammenarbeit im Behandlungsteam und mit den Erkrankten wird nicht nur von allen Seiten geschätzt, wie der Bericht über den Berner Diabetes-Patienten Hanspeter Grünig zeigt. Sie führt auch nachweislich zu besseren Resultaten, wie in Studien nachgewiesen werden konnte.